Förderpreis Pflege 2019
Angela Otto - Pflegetherapie von Brandverletzten

Angela Otto, Jahrgang 1977, lebt in Bisingen. Nach Abschluss des Abiturs 1996 begann Frau Angela Otto, nach einem FSJ (damals noch aktuell), die Krankenpflegeausbildung. Das Krankenpflegeexamen erlangte sie im Jahr 2000 am Asklepios Klinikum Schildautal, Seesen. Bis 2003 war sie in der neurologischen Frühreha tätig.
Seit 2004 ist Frau Angela Otto an der BG Unfallklinik in Tübingen tätig. Zunächst war sie in der Querschnittrehabilitation eingesetzt bis sie sich 2005 auf die Intensivstation versetzen ließ. Von 2011-2013 absolvierte Frau Angela Otto ihre Fachkrankenpflegeausbildung in der BG Unfallklinik Tübingen, der CRONA und der medizinischen Klinik in Tübingen. Seither arbeitet Frau Angela Otto als Fachgesundheits- und Krankenpflegerin für Intensivmedizin auf der Intensivstation der BG Unfallklinik in Tübingen.
Abbildung pflegerischer Leistung im interprofessionellen Kontext
Pflegetherapie bedeutet eine Pflege durchzuführen, die den Charakter einer therapeutischen Intervention hat. Sie ist motivierend sowie aktivierend und fördert die dem Patienten gebliebenen Ressourcen. Sie baut dessen Fähigkeit zur Selbsthilfe auf physischer und psychischer Ebene aus. Die Pflege, die den Patienten rund um die Uhr versorgt, tritt somit am häufigsten mit dem Patienten in Interaktion. Durch gute Beobachtung und im Gespräch erfährt sie sehr früh was den Patienten aktuell bewegt. Die Überwachung, Pflege und Therapie eines Schwerbrandverletzten unterliegen je nach Schwere der Verbrennung und Phase ganz unterschiedlichen Herausforderungen und Prioritäten.
Die Pflege nimmt hier eine zentrale Position in der Versorgung des Patienten ein. Wie bereits aufgeführt, verfügt sie über umfassendste Informationen über den Patienten. Im laufenden Pflegeprozess erkennt sie die Ängste des Patienten und setzt, wenn möglich mit dem Patienten zusammen, Prioritäten in der pflegerischen Behandlung.
Auch Angehörige benötigen psychische Betreuung durch Seelsorger und Psychotherapeuten. Die Betroffenheit der Angehörigen durch ein verbranntes Familienmitglied kann immens sein, ein familiärer Rückhalt des Schwerbrandverletzten ist jedoch enorm wichtig.
Nach eigener Beobachtung im klinischen Alltag zeigen sich jedoch Defizite in der Frührehabilitation des schwerbrandverletzten Patienten. Verschiedenste Probleme des Patienten werden zwar erkannt, aber mangelhaft innerhalb der Pflege und den einzelnen Berufsgruppen kommuniziert und dokumentiert. Insbesondere die vielen Facetten der pflegerischen Leistung sind im Moment leider nur schwer dokumentierbar.
Pflegetherapie abbildbar machen
Um die pflegerische Leistung in diesem Prozess abbilden zu können, ist eine gute Beobachtung und Einschätzung des Zustands des Patienten grundlegend, um aktuelle Probleme formulieren zu können. Anhand dieser Formulierungen lassen sich im Idealfall mit dem Patienten Maßnahmen und Ziele erörtern.
Eine Dokumentation dieser Maßnahmen sollte in einem dafür ausschließlich zur Verfügung stehenden Dokument möglich sein. Im Rahmen einer Pflegevisite angelehnten Besprechung kann gleichermaßen Fachwissen ausgetauscht und weitergegeben werden. Die Pflege wird anhand dieser Formulierungen zur Schnittstelle für weitere, am therapeutischen Prozess beteiligten Berufsgruppen. Sie erkennt zu welchem Zeitpunkt welche Therapie angebahnt oder intensiviert werden sollte.
Eine detaillierte Dokumentation der pflegerischen Leistungen und Maßnahmen käme unmittelbar als Verbesserung der Behandlung dem Patienten zu gute. Das Bewusstsein für die Professionalität der Pflege soll damit gestärkt werden.
Vorgehen
In einer Arbeitsgruppe aus Pflegekräften soll ein Formular erarbeitet werden, in welchem Besonderheiten beim Verbandswechsel im Hinblick auf Analgesie oder Sedierung, Auftreten von Ängsten des Patienten, Veränderungen in der Ernährung oder die dem Patienten gebliebenen Ressourcen und wie er sie nutzen kann, aufgeführt werden. Die Notwendigkeit der Anbahnung von Logotherapie oder psychischer Betreuung kann zeitnah deutlich gemacht werden. Im Team sollte Konsens darüber bestehen, welche Schwerpunkte zur besseren Abbildbarkeit der pflegerischen Leistung aufgeführt werden sollten. Da i.d.R. ein gestaltbares KIS zur Verfügung steht, ist es möglich, ein solches Dokument selbst zu designen und im System für alle Gruppen einfach auffindbar zu hinterlegen. Nach Erstellung einer ersten Version dieses Formulars wird das gesamte pflegerische Team im Rahmen einer kleinen Vorstellung bzw. Einweisung aufgeklärt und geschult, um eine höhere Akzeptanz und Anwendung zu erreichen.
Zielsetzung
Ziel ist die einzelnen Berufsgruppen zügig an einen Tisch zu bekommen, um die physischen und psychischen Probleme des Patienten effektiv zu erkennen und zu behandeln, Schwerpunkte zu detektieren und Ziele auszuarbeiten, welche bei Folgetreffen besprochen werden. Der Patient kann von einem besseren Kommunikationsfluss während seiner Therapie erheblich profitieren. Er soll sich mit seinen individuellen Problemen von jeder Berufsgruppe wahrgenommen wissen.
Für einen guten Heilungsverlauf ist die psychische Situation des Patienten nicht zu unterschätzen, darum sollten Seelsorger und/oder Psychotherapeuten einem solchen Meeting beiwohnen. Die Arbeit dieser Berufsgruppe hat nach eigenen Beobachtungen großen Einfluss auf eine positive Entwicklung in der Therapie an vielen Punkten im therapeutischen Verlauf.
Kann der Patient eine positive Grundhaltung zu seinem Schicksal gewinnen, kann er auch seiner Behandlung und seiner Zukunft mehr Sinn zuschreiben. Im Team selbst kann sie durch Reflexion und Feedback für eine „Selbstpflege“ sorgen.
Im Rahmen dieses Projektes ist es wünschenswert, dass die Intensivpflege den Stellenwert erkennt, den sie schon längst ausfüllt. Sie ist in allen Bereichen der akuten und postakuten Versorgung des Schwerbrandverletzten präsent und leider doch unterrepräsentiert.
Ein solches Dokumentationsinstrument dient zum einen der effektiveren Versorgung und Betreuung vom Betroffenen und der Qualitätssicherung, zum anderen stärkt sie das Bewusstsein für die Professionalität in der Pflege.