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Prof. Dr. med. Yves Harder - München und PD Dr. med. Reto Wettstein - Basel

Cicatrix - Studienpreisträger 2013

Prof.Dr.med.Yves Harder
Prof.Dr.med.Yves Harder

Prof. Dr. med. Yves Harder (rechts) absolvierte sein Medizinstudium in Basel, Paris und Toronto wo er 1995 promovierte. Es folgten die Facharzttitel FMH für Allgemeinchirurgie (2000) und Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie (2003), sowie Auslandaufenthalte in Johannesburg, London und Bochum. Ab 2005 war er als Oberarzt in der Abteilung für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie an den Hôpitaux Universitaires de Genève (HUG) tätig, wo er 2008 auch habilitierte. Seit 2010 arbeitet und forscht Professor Harder in der Klinik für Plastische Chirurgie und Handchirurgie am Klinikum rechts der Isar als Oberarzt in leitender Funktion. Im gleichen Jahr erfolgte die Umhabilitation an die Technische Universität München mit Lehrbefugnis, wo er 2013 die außerplanmäßige Professur erhielt.

PD Dr. med. Reto Wettstein (links) , Jhg.1973, schloss sein Medizinstudium 1998 an der Université de Lausanne ab und absolvierte in den Jahren danach zahlreiche chirurgische Weiterbildungen an verschiedenen Schweizer Kliniken. Zu seinen zahlreichen Auslandsaufenthalten zählen solche in New York, Montréal und Glasgow. Er ist Facharzt FMH für Plastische, Rekonstruktive und Ästhetische Chirurgie sowie FMH Handchirurgie. In diesen Fachgebieten ist er heute bei Solothurner Spitäler AG als leitender Arzt und im Universitätsspital Basel als Oberarzt tätig.

Behandlungsansätze zur Verminderung des Nachbrennens nach Verbrennung mit warmem Wasser und Erythropoietin (EPO)

Im Bewerbungsschreiben vom September 2013 für den Cicatrix-Studienpreis fassten Professor Harder und Privatdozent Wettstein die Studien und Ergebnisse der langjährigen Arbeit Ihrer Forschungsgruppe folgendermaßen zusammen:

"Unsere Arbeitsgruppe, zusätzlich bestehend aus den Kollegen Dr. med. M. Tobalem und Dr. med. F. Rezaeian hat im Rahmen eines Projektes, welches vom Schweizerischen Nationalfonds gefördert worden ist (SNF 3200B0-108408), untersucht, ob die unten stehenden Behandlungsansätze die sekundäre Brandwundenprogression - das sogenannte Nachbrennen - reduzieren oder gar verhindern können. Das Ausmaß des sekundären Verbrennungsschaden ist klinisch äußerst relevant, denn sowohl die Oberflächen-, wie auch und vor allem die Tiefenausdehnung einer Verbrennung korreliert mit der Morbidität (Anzahl und Schwere der chirurgischen Eingriffe, Dauer des Krankenhausaufenthaltes, eingeschränkte Beweglichkeit, hypertrophe Narbenbildung, Kontrakturen etc.). Entsprechend haben wir folgende Untersuchungen durchgeführt:

1. Kann lokale Warmwasser-Behandlung (37°C) nach einer Verbrennungsverletzung die gleichen Wirkungen wie eine lokale Kaltwasserbehandlung (17°C) - der Goldstandard der Notfallversorgung - erzielen?

Wir konnten im Tierexperiment zeigen, dass eine lokale Warmwasserapplikation, analog zur Kaltwasserapplikation, den sekundären Verbrennungsschaden einer umschriebenen lokalen Verbrennung (ca. 15% KÖF) gegenüber unbehandelten Tieren in die Tiefe verzögert, jedoch nicht verhindert. An der Oberfläche ist der Verbrennungsschaden nach

Warmwasserapplikation signifikant kleiner als nach Kaltwasserapplikation. Dieses verbesserte Gewebeüberleben ist eine Folge der Aufrechterhaltung der Durchblutung in der sogenannten Stasezone, also dem Gewebe, das der sekundären Brandwundenprogression durch Rekrutierung in die zentrale nekrotische Kernzone "zum Opfer fallen" kann.

2. Kann die systemische Gabe von Erythropoietin (EPO) dieses Nachbrennen an der Oberfläche und in die Tiefe verhindern oder zumindest reduzieren?

Eine erste Studie konnte nachweisen, dass Hämatokrit-irrelevante EPO-Dosierungen

von 500IE/kg Körpergewicht (KG), erstmalig verabreicht 45 Minuten nach Verbrennung (und in identischer Dosierung für 4 Tage täglich weiterverabreicht), den sekundären Verbrennungsschaden auf die mittleren Hautschichten beschränken kann, d.h. intermediäre Dermis. De facto bleiben die tieferen Hautschichten erhalten, inklusive der Hautanhangsgebilden, die zur spontanen Hautregeneration notwendig sind. Somit kann man grundsätzlich verhindern, dass eine oberflächliche und lokale Verbrennungsverletzung, die konservativ ausheilen kann, sich unbehandelt zu einer tiefergradigen Verbrennung weiterentwickelt, die eine chirurgische Behandlung notwendig machen würde. Die Dosierung von 2'500IE/kg KG konnte diese Gewebeprotektion aufgrund von verschlechterten Fließeigenschaften des

Blutes nicht gewährleisten, obwohl anti-entzündliche und regenerative Prozesse durch das EPO induziert wurden.

3. Gibt es nach lokaler thermischer Verletzung ein wirksames Zeitfenster, das berücksichtigt werden muss?

Wenngleich die Verabreichung von 500IE EPO/kg KG 45 Minuten nach thermischer Verletzung wirksam war, zeigte die selbige erstmalige Verabreichung von EPO 6 Stunden nach Verbrennung keine Wirksamkeit mehr.

Wir glauben, mit diesen experimentellen Arbeiten einfache und wirksame Behandlungsansätze zur Verminderung des Nachbrennens aufzuzeigen, die leicht im klinischen Alltag umzusetzen wären und zu einer Optimierung der Behandlung von Brandverletzten beitragen könnten."

Den vollständigen Antrag mit genauen Informationen zu den Studien in deutscher Sprache (ca. 440kb) bei Cicatrix e.V. als (ca. 438 kb):

Drei relevante Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschreitschriften in Englisch sind hier nachzulesen:

Das Team um Prof. Dr. med. Harder und PD. Dr. med. Wettstein forscht weiter daran, das Nachbrennen von Verbrennungsverletzungen zu verzögern, am liebsten natürlich auszuschalten.

Für Brandverletzte sind die tiefgradigen, transplantationspflichtigen Verbrennungen immer auch mit jahrelanger Narbentherapie und oft mit schwer einschränkenden Kontrakturen sowie daraus folgenden chirurgischen Korrekturen verbunden. Für diese Patienten ist jede Körperstelle, die maximal in der oberflächlichen Haut verbleibt - Verbrennungsgrad 2A - ein großes Stück erhaltener Lebensqualität.

Nicht zuletzt könnten auch Krankenhausverwaltung und Versicherer es in naher Zukunft begrüßen, wenn die Erstversorgung einer lokalen Verbrennung, die nicht primär eine intensivmedizinische Behandlung notwendig macht, bereits in naher Zukunft wie folgt aussehen würde:

  1. Erste Hilfe am Unfallort wie bisher mit kaltem Wasser (ca. 17°C)
  2. Warmwassertherapie im Krankenhaus (37°C), möglicherweise alternierend mit lokaler Kaltwasserapplikation
  3. Gabe von EPO oder EPO-ähnlicher Substanz, niedrig dosiert z.B. 500IE/KG)

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